Kultur

Ein Ort mit Geschichte als Ort für Geschichten

13.02.2025 • 18:38 Uhr
Literaturhaus Vorarlberg
Das Team: Valerie Meinitzer (l), Marina Höfler, Jenny Spiegel, Wolfgang Mörth, Daniela Egger, Eva Maria Alge und Frauke Kühn. Egle

Das Literaturhaus Vorarlberg öffnet am 5. April seine Pforten in der Hohenemser Villa Franziska und Iwan Rosenthal.

Die 1890 erbaute Villa Franziska und Iwan Rosenthal ist ein historistisches Schmuckstück, mitten in der Hohenemser Innenstadt. Selbst stille Zeugin von Industrialisierung und Antisemitismus wird sie ab dem 5. April zu einer zentralen Kulturstätte des Landes. Denn dann öffnet das Literaturhaus Vorarlberg seine Pforten.

Jeder kann eine Geschichte erzählen

„Es wird ein lebendiger, inklusiver und bereichernder Ort der Begegnung, der Inspiration und des Austausches für alle Bürgerinnen und Bürger sein“, bekräftigt Literaturhaus-Leiterin Frauke Kühn. Dabei begreift sich die Institution als kreatives Labor, in dem weniger das fertige Werk und mehr der Prozess der Sprache selbst im Mittelpunkt stehen.

Literaturhaus Vorarlberg
Kühn

So sollen klassische Lesungen „eher die Ausnahme als die Regel sein“. Stattdessen wird eine intensive Beteiligung der Bevölkerung angestrebt. Neben einem umfangreichen Angebot für Kinder und Jugendliche richten sich Formate wie „Stadtflüstern“ an Schüler, Senioren und Einwanderer. Gemeinsam mit Autoren sind sie eingeladen, auch abseits der Villa ihre Lieblingsorte aufzusuchen und sich dabei schreibend, erzählend zu betätigen. Die Früchte dieser Arbeit werden dann an diesen Orten mittels QR-Code abrufbar und der Öffentlichkeit zugänglich.
Zusätzlich sammelt das Haus Redewendungen aller in der Stadt gesprochenen Sprachen und bietet Schreib-Workshops an.

Christian Futscher
Christian Futscher. Rossboth-Fröschl

Bemüht, anderen Literaturformaten nicht als Konkurrenz zu begegnen, sollen neue Angebote entstehen. Etwa, indem der Einblick in Tätigkeiten wie Lektorat oder Übersetzung gewährt wird. Den Anfang macht der Vorarlberger Autor Christian Futscher mit seinem Lektor Florian Huber, der im Czernin Verlag tätig ist. Bei einer Veranstaltung im April werden sie ihre gemeinsame Tätigkeit in aller Öffentlichkeit zeigen. Im Mai folgen Monika Helfer und ihre dänische Übersetzerin Dorthe Seifert. Dabei gehen sie der Frage nach, wie Bedeutungen von einer Sprache in die andere übertragen werden.

Monika Helfer
Monika Helfer. Kandlbauer

Für Familien sind kostenlose Workshops und Picknickkörbe mit literarischen Schwerpunkten vorgesehen. Jugendliche können das Haus als Wirkstätte erschließen. Sei es, um Podcasts aufzunehmen, Pen&Paper-Abenteuer wie „Dungeons & Dragons“ zu spielen oder indem sie erste Erfahrungen im Kulturmanagement gewinnen.

Literaturhaus Vorarlberg
Kühn

135 Jahre werfen einen Schatten

Abseits gemeinschaftlicher Tätigkeiten soll das solitäre Lesen nicht zu kurz kommen. Dazu laden eine Vielzahl malerischer Kulissen ein. Sei es im Garten, wo ein 135 Jahre alter Baum seinen Schatten wirft, dem dazugehörenden Salon oder im Esszimmer des ersten Stocks.

Literaturhaus Vorarlberg
Kühn

Die Villa wurde im Auftrag der Industriellen Rosenthal erbaut. Während verspielte Ornamente lieblich anmuten, kann das von den Besitzverhältnissen nicht behauptet werden. Denn 1938 wurde sie von Rosenthals Erbin Amalie Hess, mit politischem Druck und unter Marktwert, an Johann Schebesta verkauft. Dessen Neffe veräußerte sie 2018 an eine Investorengemeinde, die eine kulturelle Nutzung ermöglichte.