„Nur bei den Menschen kann man ankommen“

Die legendäre Bregenzer Wunderbar ist seit September letzten Jahres unter neuer Führung. Uli und Nannette Nickles erzählten der NEUE, was das Flair des Lokals ausmacht: vor allem ganz viel Offenheit.
Im Jahr 1996 eröffnete Karin Hämmerle in Bregenz die Wunderbar, ein Lokal im Stil eines klassischen Pariser Bistros. Möbel und Dekoration wurden über die Jahre hinweg liebevoll auf Flohmärkten zusammengesammelt, um ein möglichst originales Flair zu gestalten – damals einzigartig in Vorarlberg. Nach einigen Jahren übergab Hämmerle die Bar an ihren jüngsten Bruder Willi – und dieser im September 2023 an Ulrich „Uli“ und Nannette Nickles.
„Ich habe 1996 die Sozak gemacht und war Besucher der ersten Stunde in der Wunderbar“, erinnert sich Uli. Von Besuchern wurden Uli und seine Frau Nannette rasch zu Mitarbeitern: „Vor ein paar Jahren hatte Willi einen personellen Engpass, also haben wir ausgeholfen und im Rahmen des Weihnachtsmarktes den Stand vor der Wunderbar bedient. So sind wir zusammengewachsen und haben irgendwann vereinbart, dass wir beide übernehmen werden, wenn Willi kürzertreten möchte. Es war eine ganz harmonische Übergabe.“

Nur die Wunderbar
Gastronomische Erfahrung hatten die beiden schon vor der Wunderbar, unter anderem mit einem Gastro-Projekt, welches über die Jahre hinweg 42 Jugendliche ins Berufsleben integrierte. Recht bald zog es sie aber nach Bregenz, und klar war: „Wenn wir hier etwas übernehmen, kann es nur die Wunderbar sein“, wie Nannette schmunzelnd erzählt. Tatsächlich habe Uli schon 1997 zu einem anderen Gast gesagt, er wolle die Bar eines Tages führen. „Daran kann ich mich nicht mehr erinnern, man hat es mir aber letztes Jahr bei der Übernahme gesagt“, lacht der heutige Besitzer.
Verändert hat man vorerst nicht viel und nur ganz behutsam: „Wir möchten die Tradition hier fortführen und haben da ganz viel Respekt davor. Das Pariser Montmartre-Flair wollen wir beibehalten, das macht den Ort aus und ist auch das, was uns so gut gefällt und mit dem sich die Gäste wohlfühlen“, erklärt Nannette. So wurden erst einmal nur einige Bilder verändert und die Tische im Untergeschoss anders angeordnet. „Langfristig gibt es dann vielleicht mal einen anderen Wein auf der Karte, ein paar neue Speisen, aber wir werden uns da ganz langsam rantasten.“

Ohnehin: „Der Schwerpunkt sind die Gäste, die Menschen, die sich hier treffen“, so Uli. „Die Wunderbar ist ein Ort der Begegnung, vielleicht auch ein Rückzugsort.“ Und das das ganze Jahr über, sieben Tage die Woche, von morgens bis spätnachts: Untertags gibt es Kaffee und hausgemachten Kuchen, abends dann feine Drinks, am Wochenende einen DJ und gerne auch mal Live-Musik zu besonderen Anlässen. Neu ist die erste Ausstellung eines Bregenzer Künstlers, die in der Wunderbar stattfindet – und es wird nicht die letzte sein.
Aber auch das Programm lebt, wie vieles in der Wunderbar, vom Publikum. „Wir sind sehr offen für alle Menschen und mögen unsere Gäste wirklich gern, wir sind mit ganz viel Herz dabei, das macht uns vielleicht auch als Gastgeber aus“, sagt Nannette. Die vielen Stammgäste sind gern gesehen, auch neues, junges Publikum ist willkommen: „Die Jungen sitzen meist im Obergeschoss und trauen sich dann mit steigendem Alter auch mal an die Bar runter zu den Älteren“, meint Uli augenzwinkernd.

Ein offenes Ohr
Besonders wichtig ist dem Betreiberpaar, auch mal auf psychologischer Ebene für die Gäste da zu sein: „Wir haben immer ein offenes Ohr und versuchen, uns Zeit für die Gespräche und Sorgen zu nehmen, die es so gibt. Viele kommen tatsächlich zu uns, weil sie mal was loswerden müssen. Da bekommen wir viel mit.“
Durch die gute Menschenkenntnis des Paars und der zehn Mitarbeiter gibt es auch wenig Ärger im Lokal: „Wir spüren das meist schon im Vorhinein und können dann entsprechend intervenieren.“
Für die Zukunft wünscht das Paar sich vor allem Kontinuität: „Dass der Charakter des Lokals bleibt, die Geschichte so fortgetragen wird. Auch menschlich: Es wäre schön, wenn unser Team Bestand hätte, weil wir es wirklich toll miteinander haben. Und auch unsere Gäste tragen so viel zur offenen Atmosphäre bei, reden mit jedem. Denn wie es so schön heißt: Man kann in viele Länder reisen, aber nur bei den Menschen kann man ankommen.“

Wunderbar
Bahnhofstraße 4, 6900 Bregenz
Geöffnet Montag bis Donnerstag von 11 bis 3 Uhr, Freitag und Samstag von 10 bis 4 Uhr, Sonntag von 12 bis 3 Uhr. Freitags und Samstags DJ, verschiedene Veranstaltungen.