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Die Halbzeitbilanz des Landtagsjahres

22.07.2023 • 23:00 Uhr
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Hartinger

Im Sommer wird es in der Landespolitik für einige Wochen ruhig. Ein Rückblick auf das erste Halbjahr und ein Ausblick.

Obwohl die letzte Landtagssitzung der ersten Jahreshälfte bereits Anfang Juli über die Bühne geht, ist dies für die Landespolitik noch nicht der Startschuss für die Sommerpause. Vielmehr ist es die Eröffnung der Bregenzer Festspiele, welche traditionsgemäß die eher ruhige Zeit in der heimischen Politik einläutet. Allzu lange dauert diese jedoch nicht, ehe dann wieder die Vorbereitungen auf den Herbst beginnen und seitens der Politik auch wieder erste Presseaussendungen verschickt und Pressekonferenzen angesetzt werden. Anlässlich der Sommerpause im Landtag wirft die NEUE am Sonntag einen Blick zurück auf das erste Halbjahr im Landtag und gibt einen Ausblick auf den Herbst sowie das folgende Wahljahr.

Strompreiserhöhung

Die Teuerung und der Fachkräftemangel in vielen öffentlichen Bereichen waren zwei der wichtigsten Themenbereiche in der ersten Jahreshälfte. Diese wurden im Landesparlament teilweise in Aktuellen Stunden, aber auch im Rahmen von Anträgen oder Anfragen diskutiert. Emotional diskutiert wurde auch über die Erhöhung der Strompreise durch die Illwerke vkw am 1. April und die kurz darauf angekündigte Senkung zum 1. Juli. Sowohl FPÖ als auch SPÖ hatten Unterschriften gegen eine Strompreiserhöhung gesammelt. Auch die Neos haben versucht, mithilfe einer Petition einer ihrer Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Pinken wollen eine kostenfreie Kinderbetreuung in Vorarlberg.

Protestaktionen

Auf eine ganz andere Art wurde bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 5. und 6. Juli die Forderung nach einem schnelleren Tempo beim Klimaschutz und dem Aus für Straßenbauprojekte wie den Feldkircher Stadttunnel an das Landesparlament herangetragen. Aktivistinnen und Aktivisten von Extinction Rebellion protestierten vor dem Bregenzer Landhaus und blockierten am ersten Sitzungstag auch die Einfahrt zur Tiefgarage. Die Proteste wurden von der Polizei aufgelöst, da an Sitzungstagen rund um den Landtag eine Bannmeile gilt, innerhalb derer keine Demonstrationen stattfinden dürfen. Zuvor hatten bereits bei der ersten Zusammenkunft des Landtags im heurigen Jahres Abtreibungsgegner ­Transparente auf der Zuschauertribüne entrollt. Die Sitzung wurde unterbrochen, und die Protestierenden wurden des Saales verwiesen.

Die Zufahrt zur Landhaus-Tiefgarage wurde bei der Juli-Sitzung blockiert. <span class="copyright">VOL.AT</span>
Die Zufahrt zur Landhaus-Tiefgarage wurde bei der Juli-Sitzung blockiert. VOL.AT

Ob es auch im Herbst zu Protesten im oder rund um das Landhaus kommen wird, lässt sich natürlich aus heutiger Sicht nicht sagen. Fest steht aber, dass es im Landtag eine Änderung geben wird. Denn bei den Neos hat sich Klubobfrau Sabine Scheffknecht aus der Politik zurückgezogen. Im September wird der Abgeordnete Johannes Gasser ihr offiziell als Klubchef nachfolgen. Das ­Landtagsmandat von Scheffknecht übernimmt die Feldkircherin Fabienne Lackner. Sie wird in der Sitzung am 4. Oktober angelobt werden.

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. <span class="copyright">Steurer</span>
ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. Steurer

Ständig neue Krisen als Herausforderung

Der Kampf gegen die Teuerung war aus Sicht von ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück ein Schwerpunkt der Landtagsarbeit im ersten Halbjahr. Unter anderem seien seitens der Regierungsparteien die Wohnbeihilfe und der Heizkostenzuschuss ausgeweitet worden. Zudem habe man auch den Strompreisrabatt eingeführt. Neben der Bewältigung von Krisen wie eben der Teuerung oder zuvor der Coronapandemie gehe es aber auch darum, sich mit anderen Dingen zu befassen, die den Leuten unter den Nägeln brennen, wie etwa der Pflege, der Bildung oder dem leistbaren Wohnen.

Bildungsoffensive

Frühstück verweist dabei auf ein gemeinsam mit dem Regierungspartner geschnürtes Maßnahmenpaket für eine Bildungsoffensive. Der entsprechende Antrag wurde vor der Sommerpause im Landtag eingebracht und wird in der Sitzung im Oktober behandelt. Doch nicht nur die Bildung wird die Volkspartei im Herbst in den Fokus rücken, erklärt der Klubobmann. So sollen das Raumplanungs- und das Grundverkehrsgesetz ­novelliert werden. Ebenso werde man sich mit der Frage des qualifizierten Zuzugs befassen müssen. Nicht zuletzt werde wohl auch die Teuerung weiterhin ein Thema bleiben.

Kurzer, knackiger Wahlkampf

Die im Herbst 2024 anstehende Landtagswahl sieht er nicht als Hemmschuh. Wenn man diszipliniert arbeite, sei es durchaus möglich, bis zum Juli des kommenden Jahres konstruktiv zu arbeiten, dann einen „kurzen und knackigen Wahlkampf“ zu führen, um nach der Wahl in die neue Legislaturperiode zu starten.

Nicht unsicher gefühlt

Die Protestaktionen in und um den Landtag bereiten dem ÖVP-Klubchef keine Sorgen: „Ich habe mich im Landtag noch nie unsicher gefühlt.“ Allerdings lehne er den Protest in Form dieser Klebeaktionen ab. Selbst Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sehe diese kritisch. Klar sei allerdings, dass das Klima geschützt werden müsse.

Der designierte Neos-Klubobmann Johannes Gasser. <span class="copyright">Maurice Shourot</span>
Der designierte Neos-Klubobmann Johannes Gasser. Maurice Shourot

Nach dem Neustart mit Vollgas in den Herbst

Auch für den designierten Neos-Klubobmann Johannes Gasser war die Teuerungsabfederung eines der wichtigsten Themen in der ersten Jahreshälfte. Allerdings hätten die Neos auch versucht, andere Fragen, wie etwa eine kostenfreie Kinderbetreuung oder das leistbare Wohnung und die Schaffung von Eigentum, in den Fokus zu rücken. Es sei auch durchaus gelungen, mit Initiativen die Landesregierung zum Handeln zu bringen, etwa im Bereich der Kinderbetreuung oder auch der Schulsozialarbeit. Gasser sieht bei der Koalition auch fehlende Initiative: „Es ist irgendwie die Luft heraußen.“ Denn die Regierung werde oft erst dann aktiv, wenn der Leidensdruck zu hoch werde.

Wohnen und Bildung

Im Herbst wollen die Neos den Fokus auf das leistbare Wohnen legen. Ebenso werde man weiterhin das Bildungssystem thematisieren, betonte der designierte Klubobmann. Er sieht seine Fraktion als jene, welche sich am meisten dafür einsetze, Vorarlberg zum chancenreichsten Lebensraum für Kinder zu machen, wie es im Markenprozess des Landes beschlossen worden ist. Mit Fabienne Lackner hätten die Neos bald eine junge Stimme im Landtag, die auch nicht davor zurückschrecke, den Finger in die Wunde zu legen.

Gesellschaftspolitische Weichenstellungen

Im Hinblick auf die Landtagswahl sieht Gasser vor allem in heiklen, gesellschaftspolitischen Fragen Eile geboten. Diese müsse man noch im Herbst angehen, denn je nach Ausgang des Urnengangs könne es passieren, dass gewisse Weichen nicht mehr gestellt werden könnten – falls etwa die FPÖ in die Regierung kommen.

Regeln einhalten

Die Klebeproteste vor dem Landtag sich auch der Neos-Abgeordnete kritisch. Er könne es verstehen, dass man politischen Anliegen Gehör verschafen wolle. Zugleich gebe es in einer Demokratie aber auch Regeln, die es einzuhalten gelte.

Die Rück- und Ausblicke der Klub­obleute Eva Hammerer (Grüne), Christof Bitschi (FPÖ) und Manuela Auer (SPÖ) lesen Sie in der nächsten Ausgabe der NEUE am Sonntag am 30. Juli.