Im Zweifel Freispruch von Vergewaltigung

Für Schöffensenat ist nicht erwiesen, dass vorbestrafter 16-Jähriger 2018 alkoholisierte 14-Jährige bei Party in Wohnhaus vergewaltigt und missbraucht hat. Urteil nicht rechtskräftig.
Von den Vorwürfen der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person wurde der mit drei Vorstrafen belastete Angeklagte am Donnerstag in einem Schöffenprozess am Landesgericht Feldkirch im Zweifel freigesprochen. Das Urteil des Schöffensenats unter dem Vorsitz von Richterin Sabrina Tagwercher ist nicht rechtskräftig. Denn die Staatsanwältin nahm drei Tage Bedenkzeit in Anspruch.
Aussagen zu unterschiedlich
Der Schöffensenat habe nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit feststellen können, dass der damals 16-jährige Angeklagte die 14-Jährige im November 2018 bei einer Hausparty im Bezirk Bregenz tatsächlich vergewaltigt und das alkoholisierte Mädchen damit auch sexuell schwer missbraucht hat. Das sagte Richterin Tagwercher in ihrer Urteilsbegründung. Denn die Aussagen des Angeklagten und des Mädchens sowie der Zeugen seien zu unterschiedlich gewesen.
Phasenweise ohnmächtig
Das Mädchen sagte vor der Polizei, es habe damals zum ersten Mal so viel Alkohol getrunken und sich deshalb in einem Zimmer des Hauses hingelegt. Der Angeklagte habe sich zu ihr gelegt und dann auf sie. Sie habe vergeblich versucht, ihn wegzudrücken, und ihm gesagt, dass sie das nicht wolle. Er habe ihre Hose und Unterhose zerrissen, sie an den Handgelenken festgehalten und dann gegen ihren Willen mit ihr den Geschlechtsverkehr vollzogen. Sie habe wegen ihrer starken Alkoholisierung zeitweise Blackouts gehabt und sei phasenweise ohnmächtig gewesen.
Der 22-jährige Angeklagte sagte, er sei nicht schuldig. Er habe einvernehmlich mit der daran aktiv mitwirkenden 14-Jährigen Sex gehabt. Verteidiger Thomas Kaufmann beantragte einen Freispruch. Das Mädchen habe sich niemandem anvertraut. Erst dreieinhalb Jahre danach habe sie bei einer polizeilichen Befragung zu einem anderen Vorfall die nunmehr angeklagten Vorwürfe erhoben. Was ihre Glaubwürdigkeit anbelangt, habe ein psychiatrischer Gerichtsgutachter auf die psychischen Probleme der jungen Frau hingewiesen.
Weder eine Gewaltanwendung durch den Angeklagten noch eine Wehrlosigkeit oder Unfähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung des im unbekannten Ausmaß alkoholisierten Mädchens seien zweifelsfrei feststellbar, sagte Richterin Tagwercher. Sie merkte an, es sei möglich, dass sich das Mädchen für den intimen Kontakt geschämt und sich den Vorfall nur eingebildet habe.