Grundrechtsverletzung anerkannt

Das Landesverwaltungsgericht hat gegen die Verfassung verstoßen
Das Grundrecht auf einen gesetzlichen Richter fand sich bereits in der provisorischen österreichischen Verfassung von 1848. „Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden“, heißt es heute im Bundes-Verfassungsgesetz. Die Bestimmung gibt dem Einzelnen ein Recht auf eine Entscheidung. Ein Gericht darf sich nicht einfach für unzuständig erklären, obwohl es zuständig wäre. Diesen Grundsatz hat das Vorarlberger Landesverwaltungsgericht (LVwG) unlängst verletzt – so hat es der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Wien nun festgestellt.
Kein Bescheid
Die „Radlobby Vorarlberg“, ein bekannter Fahrradverein, wollte auf der Riedstraße die „2. Ried-Rad-Ritterspiele“ abhalten. Die ersten waren vom Land genehmigt worden, nun aber wies man die Anträge ab – wie die Kolumnistin der NEUE am Sonntag, Veronika Rüdisser, berichtete. Das Land behauptete gleichzeitig und gesetzwidrig, diese Abweisung sei kein Bescheid. Erst ein Antrag auf Aufhebung dieses „Nicht-Bescheides“ wurde vom Land dann doch mit Bescheid abgewiesen, der gerichtlich bekämpft werden konnte. Daraufhin wandte sich die Radlobby an das Landesverwaltungsgericht (LVwG), wo der nächste Rechtsbruch erfolgte. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen – schließlich sei der Zeitpunkt für die Veranstaltung bereits verstrichen, eine Entscheidung habe daher keinen Wert mehr. Dagegen wiederum zog man vor das Höchstgericht, das deutliche Worte fand. Das LVwG habe „die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt“.
Fatale Folgen
Das LVwG konnte sich schon deshalb nicht aus der Affäre ziehen, weil „eine Rechtsmittelentscheidung kaum jemals vor Ablauf des beantragten Bewilligungszeitraumes“ ergehen könnte. Die Folgen einer solchen Spruchpraxis wären fatal: So könnte etwa ein Bürgermeister, der einen bestimmten Verein nicht mag, mit der Ablehnung der Bewilligung für dessen Straßenfest bis zum Tag der Veranstaltung warten, beim Landesverwaltungsgericht hieße es dann nur: Der Termin für das Fest ist eh schon vorbei. Der Verfassungsgerichtshof gab auch zu bedenken, dass der Fahrradverein bereits angekündigt habe, im nächsten Jahr wieder eine solche Veranstaltung beantragen zu wollen. Die Bedeutung der Entscheidung des LVwG sei daher für die Antragstellerin „für gleich oder ähnlich gelagerte Sachverhalte … weiterhin gegeben“. Das LVwG habe dem Verein aber „zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert“ und damit das genannte Grundrecht auf den gesetzlichen Richter verletzt.