Kleptomanin schuldig gesprochen

Berufungsgericht hob erstinstanzlichen Freispruch auf und verhängte Geldstrafe über unbescholtene Frau, die bei Diebstählen beträchtliche Schäden verursachte.
Die Angeklagte wurde von den Strafgerichten als Kleptomanin eingestuft. Konnte sie ihre Impulse zum Stehlen kontrollieren? War die Frau zurechnungsfähig und daher schuldfähig und konnte bestraft werden? Oder war die Diebin bei ihren Taten zurechnungsunfähig und somit schuldunfähig und durfte nicht bestraft werden?
Unterschiedliche Ansichten
Die zuständigen Strafgerichte vertraten dazu gegensätzliche Ansichten. Das Bezirksgericht Bregenz hielt die Angeklagte wegen ihrer Kleptomanie für zurechnungsunfähig und darum nach Paragraf 11 des Strafgesetzbuches für nicht schuldfähig. Deshalb wurde die 61-Jährige vom Vorwurf des Diebstahls freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft Feldkirch bekämpfte das Urteil des Bezirksgericht mit einer Schuldberufung, mit Erfolg.
Urteil aufgehoben
In der Berufungsverhandlung am Landesgericht Feldkirch wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben. Wegen Diebstahls wurde die unbescholtene Gewerbetreibende mit dem guten Einkommen zu einer teilbedingten Geldstrafe von 1440 Euro (80 Tagessätze zu je 18 Euro) verurteilt. Davon beträgt der unbedingte, dem Gericht zu bezahlende Teil 720 Euro. Die anderen 720 Euro wurden für eine Bewährungszeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Das Urteil des Berufungssenats unter dem Vorsitz von Richterin und Landesgerichtspräsidentin Angelika Prechtl-Marte ist rechtskräftig. Die mögliche Höchststrafe wäre ein halbes Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen gewesen.
Kosmetika gestohlen
Das Berufungsgericht hielt die Angeklagte für zurechnungsfähig, wenn auch mit deutlichen Einschränkungen. Das Landesgericht stützte sich dabei auf ein psychiatrisches Gerichtsgutachten.
Nach den gerichtlichen Feststellungen stahl die Angeklagte bei drei Diebstählen in größerem Stil vor allem Kosmetika. Demnach betrug der Wert des Diebesguts in einem Hotel in Kitzbühel rund 2700 Euro, in einem Fachgeschäft in Wien 900 Euro und in einem Geschäft im Bezirk Bregenz 70 Euro.
Wollte freigesprochen werden
Vor mehreren Jahren gewährte das Landesgericht der kleptomanisch veranlagten Unterländerin in einem anderen Strafverfahren nach Diebstähle eine Diversion mit einer Probezeit.
Im nunmehrigen Strafverfahren bot die Staatsanwaltschaft der Beschuldigten eine Diversion an. Die Beschuldigte habe das Angebot zur Verfahrenseinstellung aber nicht angenommen, merkte Richterin Pechtl-Marte an. Sie wollte offenbar wegen ihrer Kleptomanie freigesprochen werden.