Hoher Wildbestand als Gefahr für TBC und Wald

Der Waldverein Vorarlberg informierte am Mittwoch in Sibratsgfäll über die TBC-Problematik beim Wild und über extreme Waldschäden durch einen überhöhten Wildbestand. Hittisau ist ein Vorzeigeprojekt.
Seit Jahren weise der Waldverein auf die völlig überhöhten Wildbestände hin, die in einigen Gebieten des Landes zu extremen Schäden im Wald führten, besonders bei der Waldverjüngung. Deshalb brauche es eine Systemänderung, weg von der „Hirschzucht“ und der Ausrichtung an Trophäen – also den Geweihen – hin zu einer ökologischen Rotwildbewirtschaftung. Die Forstwirtschaft und die Jagdgenossenschaft Hittisau II verzichtet schon seit acht Jahren auf eine Rotwildfütterung und den verringerte den Rotwildbestand. Ein dem Wildlebensraum angepasster Wildbestand bringe nicht nur viel weniger Waldschäden mit sich, sondern habe auch einen positiven Effekt auf die TBC-Krankheit und deren Übertragung vom Wild auf Vieh. So habe es in diesem Jagdgebiet keine Rotwild-TBC-Fälle gegeben und es sei eine sehr erfreuliche Naturverjüngung im Wald zu beobachten.
Wildbestand und Fütterung
Dass es eine Reduzierung des Rotwildbestandes brauche, ist für den Waldverein, mit dessen Obmann Klaus Schwarz, klar. Es brauche eine Systemänderung in der Jagd. Konkret müsse eine stärkere Bejagung in Kombination mit einer bis auf „0“ reduzierten Fütterung geschehen. Dann habe der Wald wieder eine Chance, sich zu verjüngen. Denn, was wir jetzt ernten, ist der Bestand, der vor 100 Jahren großwuchs. Verträglich seien eineinhalb bis zwei Tiere pro 100 ha und nicht bis zu 10 Tiere wie in anderen Regionen. Der Erfolg einer Bestandsreduzierung zeige sich in ihrem Forst- und Jagdgebiet, das sich seit acht Jahren kontinuierlich erhole.

Man müsse schon bedenken, dass sich der Rotwildbestand seit 1988, bei stetig kleiner werdendem Lebensraum, eher verdreifacht habe, mit den ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Wald. Schwarz: „Niemand will die Ausrottung von Rotwild, aber mit dem Versuch die Bestände zu lenken, ist mit der Fütterung völlig übertrieben worden.“ Das verhindere auch eine natürliche Auslese von kranken Tieren und die Ansteckung von TBC geschehe verstärkt bei Futterstellen, wo sich in Folge auch kranke Tiere länger aufhalten könnten. Kleinere Bestände seien also auch gesünder und ein Verzicht auf die Fütterung verringere eben auch die Ansteckung massiv.
Vorarlberger waldverein
Der Vorarlberger Waldverein setzt sich für naturnahe, nachhaltige und multifunktionale
Waldwirtschaft mit lebensraumgepassten Schalenwildbeständen ein. Stabile Schutzwälder und „klimafitte“ Mischwälder sind in einem Gebirgsland wie Vorarlberg sehr wichtig. Mitglieder sind Freunde des Waldes, Waldbesitzer, Forstleute, Jäger und in der Forst- und Holzwirtschaft Tätige. Weitere Informationen im Internet auf www.waldverein.at
Unterschiedliche Behandlung
Für Klaus Schwarz, der auch Landwirt ist, ist es nicht nachvollziehbar, dass ganze „Ställe“ bei TBC-Fällen gekeult würden, aber die Wildbestände trotz TBC zunähmen. Einen Totalabschuss durch Gatter, wie im Tiroler Lechtal zur Seuchenbekämpfung schon geschehen, will niemand, aber der Schaden für den Forst und die Landwirtschaft sei massiv. Schwarz: „Eine Halbierung des Bestandes wäre vernünftig und die Rotwild-Fütterung gibt es in den Alpen sowieso nur in Bayern und in Österreich, sonst nirgends.“ Die Grundbesitzer hätten es in der Hand, ihre Jagdgebiete nicht dem Bestzahler zu verpachten, sondern dem, der auf einen lebensraumgerechten Bestand achte.

Die Jagdaufsicht
Eine wichtige Rolle kommt hier auch dem Jagdaufseher zu, der in der Regel von den Jägern angestellt und bezahlt wird, der aber laut Jagdgesetz auch für die Schonung des Waldes und die Erfüllung der Abschussquoten verantwortlich ist. Da ist ein Konflikt programmiert, wollen die Forstwirte doch einen geringen und die Jagd einen hohen Wildbestand mit vielen Trophäenträgern, also Tieren mit großen und gut ausgebildeten Geweihen. Wenn die Abschussquoten nicht erfüllt wurden, wie letzten Herbst, kann es zur Einschränkung der Schonzeiten kommen, wie dieses Jahr in diesem Monat, durch das Amt der Vorarlberger Landesregierung im Dezember 2024 verordnet. In diesem Punkt klingt auch eine Kritik an der Bezirkshauptmannschaft durch, wo zwar Verfahren wegen Nichterfüllung der Abschussquote anhängig seien, aber es nicht zu einem Entzug der Jagden komme. Ein gutes Einvernehmen zwischen Forst und Jagd sei aber wichtig und deshalb suche der Waldverein den Dialog. Mit so einer Information wolle der Verein diesen anstoßen, aber auch vorzeigen, wie es gehen könnte und wie sich der Wald in Rotwildgebieten bei entsprechender Bestandsverringerung und einem Fütterungsverbot – wie im Jagdgebiet Hittisau II – wieder erholen könne. Der Wald stehe durch die Klimaveränderung, Borkenkäfer und Pilze schon sehr im Stress und die Wildschäden verhinderten dazu eine ausreichende natürliche Verjüngung des Waldes. Damit einher gehe der Verlust der Schutzwaldwirkung mit Muren, Lawinen und Hochwasser als gravierende Folgen. Dass es auch anders geht, war bei der Exkursion zu beweisen. Kurt Bereuter