Opposition geeint: „Wir haben es alle gewusst“

Die Opposition beantragt in der ÖVP-Inserateaffäre einen Sonderlandtag.
In seltener Einigkeit präsentierte die Landtagsopposition am Montag ihre nächsten Schritte in der Inserateaffäre um den Vorarlberger Wirtschaftsbund. Während man von der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zunächst absieht, wurde die Einberufung eines Sonderlandtages angekündigt und die Ausweitung der Kompetenzen des Landes-Rechnungshofes gefordert.
Landes-Rechnungshof soll prüfen. Man lege Wert darauf, dass eine neutrale Instanz die Vorfälle untersuche, hieß es. Daher müsse der Landes-Rechnungshof die Möglichkeit bekommen, die Parteifinanzen eingehend zu prüfen. Dessen zusätzliche personelle Ausstattung sei außerdem unabdinbar, mindestens drei weitere Vollzeitstellen wären nötig.
„So einfach werden der Herr Landeshauptmann und seine ÖVP aus der Sache nicht mehr herauskommen“, konstatierte FPÖ-Landesparteiobmann Christof Bitschi. Die Vorarlberger hätten ein Recht auf saubere Politik.
Wallner unglaubwürdig
Wenig Glauben fand die Aussage des Landeshauptmannes, er habe von den Vorgängen im Wirtschaftsbund nichts gewusst. Das System sei landauf, landab bekannt gewesen, so Manuela Auer (SPÖ). Man habe über Jahre hinweg immer wieder Anfragen dazu eingebracht und keine konkreten Antworten erhalten. „Wir haben es alle gewusst“, so Auer. Bitschi pflichtete ihr bei. Immerhin sei Markus Wallner jahrelang Geschäftsführer der ÖVP gewesen.
Widerholt wurde die Forderung erhoben, der Landeshauptmann müsse die Verantwortung übernehmen. Darunter wollte die Opposition vor allem das Eingeständnis verstanden wissen, von den Vorgängen gewusst zu haben. Kritisiert wurde außerdem das lange Schweigen Wallners. „Der Landeshauptmann setzt ein bisschen auf die Taktik des Sebastian Kurz. Er will die Sache aussitzen“, so Bitschi. Auer verglich Wallner mit einem Hasen, der von nichts etwas wissen wolle.
Druck auf Unternehmer
Bitschi und Scheffknecht verurteilten den Druck, der von Seiten des Wirtschaftsbundes auf Unternehmer ausgeübt worden sei, Inserate in seinem Magazin zu schalten. Es würden sich immer mehr Betroffene melden, so Scheffknecht. „Das hat man sich lange lange Zeit nicht getraut, weil Repressalien im Raum gestanden sind.“ Unternehmer hätten ihr berichtet, dass sie mit Auftragsrückgängen zu kämpfen gehapt hätten, nachdem sie sich kritisch über die ÖVP geäußert hätten. Der Vorwurf Wallners, dass auch andere Parteien sich ähnlich verhielten, wies man unisono zurück. Man habe nicht einmal derartige Magazine. „Man versucht da wirklich mit Dreck zu werfen“, kritisierte Scheffknecht.
Man will alles wissen
Nun gehe es darum zu erfahren, wie viel die Landesregierung in der „Vorarlberger Wirtschaft“ und anderen ÖVP-Parteimedien inseriert habe, so Auer. „Wir wollen jetzt alles wissen und dann fordern wir mehr.“
Aufklärung erwartet man sich einerseits von der angekündigten Sondersitzung des Landtages – sie muss innerhalb von drei Wochen einberufen werden – andererseits vom Landes-Rechnungshof. Dieser müsse „sofort“ die notwendigen Kompetenzen und Mittel erhalten, so Scheffknecht.
Bei der ÖVP steht man dem „prinzipiell offen gegenüber“. Man wolle die Vorschläge der Oppositionsparteien sachlich prüfen, hieß es in einer Aussendung. Auch die personelle Ausstattung will man sich ansehen. „Die Volkspartei wird – gemeinsam mit dem Koalitionspartner – den Dialog mit der Opposition suchen, in welcher Form und auf welcher rechtlichen Basis der Rechnungshof künftig Einschau in die Finanzen der Landesparteien nehmen kann. Hier sind definitiv noch einige offene Fragen im Detail zu klären“, so ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück verhalten positiv.
Auch eine Arbeitsgruppe zum Ausbau der parlamentarischen Rechte, könne er sich vorstellen. Das bereits mit allen Landtagsparteien vereinbarte Transparenzpaket könnte man aus Sicht der Volkspartei bereits bis Mai in Gesetzesform gießen, so Frühstück gegenüber der NEUE.
Balanceakt für die Grünen
Bitschi appellierte an die Grünen, sich gegenüber der ÖVP für mehr Transparenz einzusetzen. „Die Grünen sind ein Zünglein an der Waage, wenn es darum geht, für Ordnung zu sorgen“, so der FPÖ-Chef ungewohnt hoffnungsvoll in Richtung des politisch ansonsten eher konträren Gegenübers. In dieselbe Bresche schlug Scheffknecht: „Ich möchte gerade die Grünen in die Pflicht nehmen“, erklärte die Neos-Klubobfrau. Diese hätten schließlich im Wahlkampf mit Transparenz geworben.
Grüne und Volkspartei haben allerdings in einer kürzlich veröffentlichten Nebenabsprache zum Koalitionsabkommen festgehalten, dass das Parteienförderungsgesetz „nur im Einvernehmen“ beider Parteien geändert werden dürfe. Das Gesetz regelt neben der Förderung auch Transparenzbestimmungen für die Landesparteien. Ein Pakt mit der Opposition gegen die ÖVP würde in diesem Punkt also einen Koalitionsbruch darstellen.
Neos wollen tiefer bohren
Scheffknecht berichtete am Montag außerdem, dass es Anzeichen gebe, dass Geld aus dem Landesbudget direkt an den Wirtschftsbund geflossen sein könnte, abseits der bekannten Konstruktion über Inserateschaltungen landesnaher in der „Vorarlberger Wirtschaft“. Man wolle außerdem wissen, ob die Interne Revision bereits in der Landes-Pressestelle aktiv geworden sei.
Die Oppositionsparteien betonten, dass man sich die Möglichkeit, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, ausdrücklich vorbehalte, sollte die ÖVP auf stur schalten. Außerdem fordert man, in die Ausarbeitung des bereits vereinbarten Transparenzpaketes eingebunden zu werden. Dass dieses ausschließlich vom Amt der Landesregierung komme, sei nicht mehr vorstellbar. Vor einer rückwirkenden Prüfung der Parteifinanzen durch den Landes-Rechnungshof fürchte man sich bei den Oppositionsparteien nicht, so Bitschi: „Wir drei schlafen gut.“