Zwischen Vorschrift und Freiheit

Was in der Schrebergartensiedlung Lerchenau zwischen Hard und Lauterach mit Widerstand begann, ist heute ein Ort des Miteinanders und der Erholung für viele Familien und ältere Menschen.
Die Schrebergartensiedlung Lerchenau liegt genau genau zwischen Hard und Lauterach und ist nicht nur deshalb besonders. Die Siedlung gibt es erst verhältnismäßig kurz, und zwar seit 2010. Trotzdem ist die Geschichte der Kleingartensiedlung mit 63 Parzellen lang. Es ist die Geschichte einer Umsiedlung, und zwischendurch sah es nicht nach einer geglückten Operation aus. Das hat sich geändert, inzwischen fühlen die Gartenpächter sich auf dem neuen Grund wohl.


Seit 1991 hatte sich die Schrebergartenanlage in einem Wasserschutzgebiet befunden. Als die Wasserbelastung durch das regelmäßige Düngen in der Anlage massiver wurde, sah man sich in der Gemeinde gezwungen zu handeln. Ein alternativer Standort in der Lerchenauerstraße schien möglich. Die Schrebergärtner wiederum gründeten einen Verein, um mit einer Stimme zu sprechen und sich gegen die Vorgaben „von oben“ zu wehren. Umgezogen ist die Schrebergartensiedlung trotzdem – und ist inzwischen eine Vorzeigeanlage.
Nach wie vor ist niemand durch das Pachten einer Parzelle gezwungen, gleichzeitig auch dem Verein beizutreten. Allerdings stellt der niedrige Jahresbeitrag von 20 Euro auch keinen Hinderungsgrund dar. Die Gemeinde hat der Siedlung eine neue WC-Anlage spendiert und Dieter Moosmann, der von der Gemeinde Hard aus zuständig ist, sorgt für ein möglichst reibungsloses Miteinander. Kleinere Reparaturen erledigt der Obmann des Vereins, Reinhard Mäser, mit den eigenen Händen.

Miteinander reden
Die Stimmung ist gut, die Reibereien, die es hier und da gibt, können das gute Gesamtklima nicht trüben. Mal wird trotz anderslautender Vorgaben ein Fahnenmast samt Fahne aufgestellt, mal verlottert ein Garten wegen Krankheit. Hier wird das Gespräch gesucht, dort wird eine Möglichkeit ausgelotet, dass Nachbarn die Pflege des Gartens nebenan mit übernehmen. Es geht ums miteinander Reden, sagt Mäser.


Auf der gegenüberliegenden Seite der Ach liegen die Grabeland-Parzellen. Hier stehen keine Hütten. Vielmehr geht es um die Selbstversorgung, wie die Familien aus dem Balkan es von ihrer Heimat kennen. Sie bauen zum Beispiel Mais, Paprika und Bohnen an. Die Bohnen als Kletterkünstler recken bis weit in den Himmel. Zwei Frauen mit Kopftuch sind dabei zu ernten, nebenbei trocknen sie Nudeln in der Sonne. Sie erzählen aufgeregt von einer Schlange, die sie gesehen hätten. Diese sei ungiftig, werden sie beruhigt, wohl eine Ringelnatter.

Stück Heimat
Die Schrebergartensiedlung ist für viele ein Stück Heimat, hauptsächlich für ältere Menschen, deren Wohnung keinen Garten hat. „Grillen, chillen, zusammensitzen, etwas trinken“, so fasst es die Frau des Vereinsobmanns, Brigitte Mäser ,zusammen. 2,04 Kilogramm hat ihre größte diesjährige Ochsenherztomate gewogen. Ansonsten wachsen auf ihrer Parzelle Sonnenblumen, Hortensien, Sonnenhut. Die Kiwi hat einen Hagel zu Anfang des Sommers auf dem Gewissen. „Prosecco kaltstellen ist auch irgendwie kochen!“, steht auf einem Messingschild an der Hütte der Mäsers. Der Humor darf nicht zu kurz kommen, so viel ist schnell klar.

Einmal in der Woche kommt das Enkele, dann wird das Plastikplanschbecken aufgeblasen. Das Enkelkind wird zwei und interessiert sich auch schon für Käfer und das Graben in der Erde. Viele in der Siedlung haben Enkel. Viele sind in einem Alter, um Enkel zu haben. Was fehlt, sind Jüngere, die Parzellen übernehmen könnten, die sich um das Amt des Obmanns bemühen würden. „Ich bin auch schon 61“, sagt Obmann Mäser. Er könnte sich gut vorstellen, sein Amt abzugeben und mehr Zeit in seinem Schrebergarten zu verbringen. Nach dem Motto, das hinter ihm an die Wand genagelt steht: „Wir müssen unseren Geräten eine Pause gönnen.“