Warum dieser Haubenkoch auf dem Vetterhof beim Gemüsebau mitanpackt

Erik Pedersen arbeitet tatkräftig auf dem Vetterhof beim Gemüseanbau mit. Es ist ein Schritt zurück zum Ursprung für den ehemaligen Betreiber des “Weiss” in Bregenz.
Für Erik Pedersen beginnt der Arbeitstag am Vetterhof um 7.30 Uhr. Nach einer kurzen Besprechung und Einteilung der Dienste startet der 33-Jährige mit seiner Arbeit auf dem Feld. Als die NEUE ihn trifft, ist er gerade mit dem Aufbinden der Tomatensetzlinge im Gewächshaus der Lustenauer Bio-Landwirtschaft beschäftigt. Ein kurzer Rundgang führt zu den weiteren Gewächshäusern, den Felder mit Folientunnel und in die Lagerungs- und Aufbereitungshalle. Dass der Däne erst seit diesem Jahr am Bio-Hof mithilft, merkt man ihm nicht an – er hat sich Routine angeeignet.
Neue Herausforderung
Wer sich im Bereich des Fine-Dinings bewegt, kennt den Namen Erik Pedersen mit ziemlicher Sicherheit. Fünf Jahre lang führte der Däne gemeinsam mit seiner Frau Milena Broger das Restaurant Weiss in Bregenz. Ende des Jahres schloss das mit drei Hauben prämierte Gourmet-Restaurant in der Landeshauptstadt, nun hat sich der Küchenchef eine neue Herausforderung gesucht und sie im Gemüsebau auf dem Vetterhof gefunden.

“Wir haben im Restaurant seit Tag eins immer unser Gemüse vom Vetterhof gekauft. Mir gibt der Hof einen offenen, jungen Eindruck, hier hat man keine Angst vor neuen Dingen. Wenn ich eine besondere Anfrage habe, sind sie immer dabei. Ich finde das sehr progressiv, deswegen bin ich jetzt hier”, umschreibt Pedersen seine Motivation, hier zu arbeiten.

An seinem Job schätzt er die vielseitigen Aufgaben und die gute Stimmung im Team: “Gestern zum Beispiel haben wir 200 Kisten Salat geerntet und gewaschen, danach ging es weiter im Gewächshaus mit dem Aufbinden der Tomaten. So haben wir immer eine gute Abwechslung – also 8 Stunden nur Unkraut jäten müssen wir nicht”, lacht der 33-Jährige. “Du musst nicht dein ganzes Leben denselben Job machen. Ich finde Abwechslung sehr gut. Man nimmt von jedem Arbeitsplatz etwas mit”, fasst er seine Sicht zusammen.
Frisches Gemüse macht großen Unterschied
Schon in Dänemark hatte Pedersen am Rande seines ersten Restaurants – dem Kadeau auf der Insel Bornholm – einen kleinen Acker, wo er eigenes Gemüse ernten konnte. “Ob du frisches Gemüse vom gleichen Tag nimmst oder eine Woche altes Gemüse bestellst, macht einen großen Unterschied”, erklärt der Küchenchef. Die Tätigkeit am Vetterhof ist sozusagen ein Schritt zurück zum Ursprung: “Ich bekomme immer mehr Respekt für Gemüsebauer, insbesondere für Bio-Anbau. Man spritzt das Gemüse nicht, darum macht das Unkraut viel Arbeit. Aber man entwickelt viel mehr Wertschätzung für die krumme Karotte oder die lustig geformte Gurke, wenn man weiß, wie viel Energie und Liebe dieses Gemüse braucht.”

Das Aus im Restaurant Weiss habe verschiedene Gründe gehabt, berichtet Pedersen: “Wir haben einiges ausprobiert – viele Gänge und weniger Gänge, à la carte und Menü, Frühstück und Mittagessen, alles Mögliche. Das war schön, weil wir extrem viel gelernt haben. Aber manche Dinge haben eben ein Auslaufdatum.”

Der Job im Gemüsebau verleihe ihm eine neue Perspektive auf die Zeit im alten Restaurant: “Wir haben viel gearbeitet, 15 bis 16 Stunden pro Tag. Mit vier Öffnungstagen und einem Vorbereitungstag geht die Zeit relativ schnell herum. Körperlich war es harte Arbeit.” Physisch sei die Arbeit auf dem Gemüsefeld aber doch härter – psychisch in der Küche. “Manche Dinge vermisse ich, manche Dinge nicht”, sagt Pedersen mit Bezug auf das Weiss.
Wie geht es weiter?
Über den Sommer will er jedenfalls am Vetterhof bleiben. Einen genauen Plan, wie es weitergeht, hat der 33-Jährige nicht. “Wir schauen Tag für Tag, wie es läuft und wie lange ich hier bleibe. Milena und ich kochen auch an der Seite auf verschiedenen Veranstaltungen und Pop-Ups.” Mit der Gastronomie sind Erik Pedersen und Milena Broger aber keinesfalls fertig: “Wir sind offen für alles und hören gerne jedes Angebot an. Aber hier bin ich eigentlich zufrieden.” Eines steht für den Haubenkoch aber fest: “Ein klassisches Restaurant wird es nicht mehr.” Das habe mehrere Gründe: “Inflation, Personal, Miete”, zählt der 33-Jährige auf.

Nach dem Gespräch mit der NEUE verabschiedet sich der sympathische Däne und macht gleich weiter im Gewächshaus. Die Tomatensetzlinge binden sich nicht von alleine auf.