Gösser-Sanierung gescheitert: “Bin mit meinen Kräften am Ende”

Gösser-Wirt Pascal Hämmerle zieht die Reißleine: Das Sanierungsverfahren für die Freischwimmer Gastronomie GmbH ist gescheitert – der Betreiber spricht mit der NEUE über die Gründe und wie es weitergeht.
Mit gebrochener Stimme und doch gefasst sitzt Pascal Hämmerle, der Wirt des Bregenzer Traditionsgasthauses Gösser, in einem fast leeren Lokal. In einer Woche wird der beliebte Treffpunkt in der Landeshauptstadt, der auf eine 400-jährige Geschichte zurückblicken kann, seine Pforten schließen. „Ich verpasse 90 Prozent meines Lebens und arbeite 80 bis 90 Stunden in der Woche. Inzwischen bin ich einfach mit meinen Kräften am Ende“, sagt er. Nach dem gescheiterten Sanierungsverfahren ist er zur Aufgabe gezwungen. Der Druck der vergangenen Jahre war zu groß.
Krise auf Krise
Die Geschichte des Niedergangs liest sich wie eine Chronik der Krisen. Zunächst die Corona-Pandemie, die die Gastronomie in ganz Österreich in die Knie zwang. „Wir haben Hilfen bekommen, aber unser Betrieb war zu groß. Dann kamen die Kriegsentwicklungen, die wirtschaftlichen Folgen“, beschreibt Hämmerle die dramatischen Veränderungen. Die Einkaufspreise für Lebensmittel haben sich in den letzten drei Jahren verdoppelt. „Und Energie? 100.000 Euro mehr haben wir 2023 allein dafür bezahlt.“ Die Probleme häuften sich, und dann auch noch eine Baustelle direkt vor der Tür des Gasthauses. „Vier Monate Baustelle, das ist in unserer Branche eine Ewigkeit.“

1500 Quadratmeter Fläche zu bewirten
Hämmerle hatte ein riesiges Haus zu führen, 1500 Quadratmeter Gastronomiefläche gilt es zu bewirten. Das machte ihn stolz, aber es zehrte auch an seinen Kräften. „Es war mir klar, dass ich mit diesem Betrieb meine eigenen Grenzen austeste.“ Letztendlich kamen die finanziellen Probleme, trotz eines positiven Sanierungsverfahrens, immer wieder zurück. „Es wäre vielleicht noch gegangen, aber ich musste ehrlich zu mir selbst sein. Ich konnte einfach nicht mehr.“

Ein Abschied, der schwerfällt
Besonders schwierig war die Entscheidung, das Gösser zu schließen, als er erkannte, dass trotz aller Anstrengungen keine nachhaltige Verbesserung in Sicht war. „Ich habe in den letzten drei Jahren alles andere untergeordnet“, gesteht er. „Mental war das brutal.“ Bis zuletzt suchte Hämmerle nach einem Partner, der ihm unter die Arme greifen könnte. Doch die Gespräche verliefen im Sand. „Es gibt nur wenige Betriebe in dieser Größenordnung. Und diejenigen, die sich interessiert haben, waren eher auf der Suche nach einer Möglichkeit, später neu zu starten, aber das wäre für mich keine Option gewesen.“

Der wirtschaftliche Druck war letztlich zu schwer. Die Unsicherheiten der letzten Jahre, die steigenden Preise und die mangelnde Kaufkraft der Gäste hinterließen tiefe Spuren. „Die Leute sparen bewusster, vor allem in der Gastronomie merkt man das.“
Elf Angestellte und ihre Zukunft
Pascal Hämmerle ist sich jedoch seiner Verantwortung für seine Mitarbeiter bewusst. „Ich habe elf Angestellte, und es ist mir wichtig, dass sie unterkommen“, erklärt er. „Wir sind ein fachlich sehr starkes Team, und alle suchen gute Leute. Es wird ihnen gut gehen, aber mir war es wichtig, dass sie glücklich sind, nicht einfach nur irgendeinen Job haben.“ Besonders wichtig für ihn sei, seinem Team, das ihm über all die Jahre treu zur Seite gestanden sei, eine Perspektive zu liefern: „Wir haben von Anfang an offen kommuniziert und ich habe nach Gesprächen mit befreundeten Gastronomen allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Jobs in Aussicht stellen können. Ihnen gilt mein größter Dank, denn sie waren immer für mich da.“
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Er denke viel darüber nach, wie es für ihn persönlich weitergehen wird. „Ich weiß es noch nicht. Jetzt heißt es erst einmal, diese schwierige Zeit zu überstehen und das Geschäft sauber abzuwickeln. Vielleicht mache ich wieder etwas in der Gastronomie, aber es wird definitiv anders sein als die letzten elf Jahre.“
Ein Gastronom aus Überzeugung
Der Abschied von seinem Gasthaus fällt ihm sichtlich schwer. „Die meisten denken, es geht immer nur ums Geld, aber das ist es nicht. Als Unternehmer macht man das aus Überzeugung.“ Er betont, dass das Geld nie sein Antrieb war. „Ich wollte etwas aufbauen, etwas für die Menschen schaffen. Das Gasthaus war für viele ein Ort der Begegnung, ein Stück Bregenz.“

Hämmerle kämpfte lange, doch am Ende musste er sich den Realitäten stellen. „Die letzten Jahre haben mich mental ausgelaugt. Ich habe viele schlaflose Nächte hinter mir. Und es ist verdammt schwer, diesen Schritt öffentlich zu machen. Es fühlt sich an, als würde man am Pranger stehen.“

Neustart und Dankeschön
Doch bei allem Schmerz sieht Pascal Hämmerle auch eine Chance für die Zukunft. „Das Gösser ist ein wunderschönes Lokal, und jetzt wäre die perfekte Zeit für jemanden, der neu starten will. November und Dezember sind die stärksten Monate. Wenn jemand kommt, der die Motivation hat, kann er sofort loslegen.“
Seine letzten Worte gelten seinem Team und seinen Gästen: „Ich möchte mich bei meinen Mitarbeitern bedanken, die diesen Weg mit mir gegangen sind. Das ist nicht selbstverständlich. Und natürlich bei unseren Stammgästen. Es war eine wunderbare Zeit, und ich bin dankbar für die vielen schönen Momente.“
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(NEUE Vorarlberger Tageszeitung)