Kommentar

Gescheiter(t) – so ist kein Staat zu machen

13.02.2025 • 09:30 Uhr
Gescheiter(t) – so ist kein Staat zu machen
Herbert Kickl ist wohl über sein eigenes Machtverständnis gestolpert.

Wenig überraschend haben sich gestern die Bemühungen der beiden Verhandlungspartner aus den blau-schwarzen Reihen, eine Regierung zu bilden, in Luft aufgelöst.   

Selbstverständlich üben sich die Verantwortlichen aller Farben nun erneut darin, den Schuldigen auszumachen. Fakt ist, dass Herbert Kickl wohl kein großer Freund von Kompromissen zu sein scheint und er die Volkspartei in seinen Vorstellungen einer Regierung unter seiner Kanzlerschaft wohl nur als Juniorpartner vorgesehen hat. 

Angesichts der immer offensichtlicher gewordenen ­Diskrepanzen zwischen den (ver-)handelnden Akteuren, gerade in so wichtigen Fragen wie der Europapolitik, dem Innenministerium oder der Asylpolitik, war das Eingeständnis der ÖVP, in Verhandlungen zu treten, wohl schlicht und ergreifend ein Lippenbekenntnis.

Genauso wie die Aussage, eine konstruktive Regierung zu bilden, die bereit gewesen wäre, anzupacken und endlich ins Tun zu kommen. Denn gescheitert ist das blau-schwarze Bündnis wohl letztlich an der Vergabe von Posten und Minis­terien und so ließ man den ohnehin schon kritisch beäugten Koalitionspartner wissentlich über die Klinge springen. 

Aber wofür? Wem verschafft dieses Spiel auf Zeit einen Vorteil, auch angesichts von drohenden Neuwahlen, die wohl allen Parteien und dem ohnehin schon schwer in Schieflage geratenen Bild der österreichischen Politik im In- und Ausland nur schaden dürften? 

Und so liegt es wieder einmal mehr an unserem Bundespräsidenten Alexander van der Bellen, für geordnete Verhältnisse zu sorgen. Was sich aber als äußerst schwierig erweisen könnte, denn die Optionen sind rar und zeugen von wenig Stabilität.

Die viel zitierte Expertenregierung wäre wohl eher als Übergangslösung zu bewerten, denn eine Mehrheitsfindung in einem derart disruptierten Nationalrat dürfte bei jedem noch so kleinen Beschluss zum Lotteriespiel werden. 

Eine Minderheitenregierung wäre genauso zum Scheitern verurteilt und würde so dringend benötigte Beschlussfassungen im Nationalrat zum Spießrutenlauf im Ringen um benötigte Mehrheiten werden lassen. 

Und auch eine Rückkehr an den Verhandlungstisch dürfte angesichts der vorangegangenen Runden nicht einfach werden. Auch wenn sämtliche Parteien, egal ob SPÖ, Neos oder auch die Grünen, Gesprächsbereitschaft signalisieren. 

Offenbar ist in Österreich angesichts der aktuellen Stimmenverhältnisse und mit den maßgeblichen Akteuren und Akteurinnen zurzeit kein Staat zu machen. Angesichts der Herausforderungen, mit denen sich der Standort, die ­Bevölkerung und die gesamte Nation konfrontiert sieht, wäre es aber dringend notwendig, dass sich die Politik ihrer Verantwortung gegenüber dem Volk bewusst wird. Und nicht parteipolitische Interessen über jene von allen Wählerinnen und Wählern stellt, in deren Auftrag sie eigentlich handeln und im Sinne der Republik zum Wohle aller agieren und auch demokratisch regieren sollte.