So macht ein Maruler Senn aus Bio-Milch Käse

Wie aus der frischen Bio-Rohmilch guter Bergkäse wird und was eine Bio-Sennerei von herkömmlichen Sennereien unterscheidet. Klaus Pfefferkorn gibt Einblicke in seine Arbeit.
Senn sein ist ein Fulltime-Job. Und zwar so richtig. Nicht 40 Stunden arbeiten und dann die Füße hochlegen. Nein, als Senn hat jeder Tag 16 bis 18 Stunden. Klaus Pfefferkorn von der Bio-Sennerei Marul weiß das und liebt seinen Job trotzdem. „Mein Tag beginnt so gegen 3 Uhr morgens im Stall. Misten, melken, all das steht an. Und dann ab 6 Uhr bin ich in der Sennerei.“ Nach und nach kommen dann die Bauern und liefern ihm die frische Milch. Rund 1500 Liter pro Tag verarbeitet Pfefferkorn. Bis circa 12 Uhr mittags steht der Maruler in der Sennerei. Feierabend hat er dann aber nicht, denn im heimischen Stall fallen auch danach noch Arbeiten an. Das Vieh will gefüttert und gemolken werden. Auch wenn der Job hart ist, der Senn will ihn dennoch nicht missen und liebt die Arbeit mit dem Käse.
Die Bio-Sennerei Marul wird zwei Mal täglich mit Milch beliefert. Die frische Milch vom Morgen wird direkt verarbeitet, die Milch, die am Abend kommt, wird eingekühlt.

Von der Milch zum Käse
Aber wie wird nun aus der frischen Milch Käse? Erst einmal ist es dem Senner ganz wichtig zu betonen: „Wir arbeiten mit Rohmilch.“ Bedeutet: Die Milch ist frisch, nicht pasteurisiert und wird lediglich erhitzt und mit Bakterien versehen. Bekommt er also morgens die Milch, prüft er sie zunächst, denn „nur aus guten Rohstoffen kann ich auch guten Käse machen“.
Im Anschluss wird die Milch gemeinsam mit Lab, einem natürlichen Enzym aus Kälbermägen, in die großen Kessel gegeben und schrittweise erhitzt. Dadurch gerinnt sie. Zwischendurch steht bei Pfefferkorn immer wieder das Reinigen an. Milchkannen, die großen Kübel, alles will sauber gemacht werden. Währenddessen muss der Senner immer wieder den Ofen anfeuern. Er liegt unter den Milchkesseln und kann je nach Bedarf weggeschwenkt werden.
Das Erhitzen mit Holz hat einen besonderen Grund: Jeder Bauer, der Milch an die Sennerei liefert, muss die entsprechenden Tagessätze Holz liefern. Als Milchmenge für einen Tagessatz gelten 1000 Liter. Wer im Jahr also beispielsweise 10.000 Liter Milch bringt, muss für zehn Tage Feuerholz liefern. Käse braucht vor allem Zeit. Schritt für Schritt erhöht Klaus Pfefferkorn die Temperatur und die Milch wird unter ständigem Rühren zu einer immer festeren Masse.
Hat die Milch die richtige Konsistenz erreicht, zerteilt er sie mit der Käseharfe in den Käsebruch und durchmengt die Masse anschließend mit Hilfe von zwei Schaufeln. Der Käsebruch wird dann auf 52 Grad erhitzt. Ein Rührwerk verhindert während dieser Erwärmungsphase das Absitzen der Bruchmasse. In diesem Moment ist das Milchprodukt beinah geschmacklos und ähnlich einem Hüttenkäse oder dem Feta-Käse.

Moderne Technik
Früher wurde dann mit den Käsetüchern der Käsebruch dem Kupferkessel entnommen und in die Rundlaibformen gepresst. Eine körperlich anstrengende Arbeit. Heute geht dieser Prozess maschinell vonstatten. Über Rohre, die den Milchkessel mit den Käsepressen verbinden, wird die Käsemasse in die Formen gepumpt. Anschließend wird das Ganze zentrifugiert, damit möglichst viel überflüssige Molke den Käse verlässt. Anschließend wird der Käse mit 200 Kilogramm gepresst. Dabei gelangt noch mehr Wasser und Molke aus der Masse. In der Molke ist immer noch viel Fett enthalten. Daher wird sie wieder über ein anderes Rohr in eine Zentrifuge gegeben. Aus dem Rahm, der separiert wird, produziert die Bio-Sennerei Marul ihre beliebte Butter – zu Ostern oder Weihnachten auch in Form eines Hasen bzw. eines Engels.
Der Käse muss mindestens vier Monate gelagert werden, bis er die gewünschte Festigkeit erreicht. Dann kann er als Jungkäse verkauft werden. Durch seinen Fettgehalt von mindestens 45 prozent und die Beimengung von Salz wird der Käse ohne Beigabe chemischer Behelfe konserviert. Bis zum Verkauf muss der Käse regelmäßig gepflegt werden. Erst nach diesen vier Monaten kann Pfefferkorn außerdem beurteilen, ob die Milch gut war oder möglicherweise zu viele Gase enthalten hat. Die Gase, die den Käse auseinander brechen lassen können, kommen meist aus den Kuhmägen und übertragen sich selbstverständlich auch auf die Milch. Sie sind weder vorher feststellbar noch schädlich für den Menschen. „Das einzige Problem ist, der Käse sieht dann nicht schön aus“, meint der Senn. Damit er auch einen solchen „misslungenen“ Käse nicht wegwerfen muss, verarbeitet er ihn zu Reibekäse.

Neun Monate Arbeit
Seit 1993 steht Klaus Pfefferkorn jedes Jahr neun Monate lang, sieben Tage die Woche und viele Stunden am Tag in der Sennerei. Im Sommer pausiert die Arbeit. „Dann ist das Vieh auf den Alpen. Da bekommen wir keine Milch“, erklärt er. Sein Know-how aus der jahrelangen Arbeit gibt er immer wieder weiter – meist an Alp-Senner. In Vorarlberg habe er sicherlich 300 Alp-Senner ausgebildet, meint er. „Nach drei Wochen bei mir, kannst du das Sennen“, sagt er scherzhaft, als die NEUE ihn besucht. „Sennen können“ bezeichnet in diesem Kontext allerdings nur den Prozess, aus Milch Käse zu machen. Die Details, die den Geschmack ausmachen, muss jeder Senn mit der Zeit selbst herausfinden.
Der Käse, der in Marul produziert wird, wird, genau wie auch die Butter, direkt in der Sennerei verkauft. Außerdem gibt es den Käse auch bei diversen Handelspartnern und auf Märkten. In einem Jahr verarbeitet die kleine Bio-Sennerei ungefähr 390.000 Kilogramm Milch zu 39 Tonnen Biokäse und 2,5 Tonnen Bio-Butter. Bio bedeutet in Marul, dass sämtliche Milch anliefernde Bauern ihre Betriebe auf biologische Wirtschaftsweise umgestellt haben.